Sie sind die beiden ersten weiblichen Vorstandsmitglieder in der 169-jährigen Geschichte der Sparkasse Vest Recklinghausen. Stefanie Eberhardt und Christiane Timmer sprechen über Karrierewege, Beteiligung und nachhaltige Zukunftsperspektiven.
Frau Eberhardt, Ihr Weg bei der Sparkasse Vest ist beispiellos: Von der Auszubildenden bis zum Vorstandsmitglied in 23 Jahren. Was sagt das über die Entwicklungschancen in Ihrem Haus?
Stefanie Eberhardt: Die Sparkasse Vest steht seit jeher für Mitarbeiterbindung und Förderung im eigenen Haus. Ich glaube, das ist richtig so! Wir haben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die schon lange im Haus sind, die Strukturen und Region gut kennen. Das ist ein Teil unserer Identität, und deshalb müssen wir entsprechende Perspektiven eröffnen. Es gibt inzwischen auch viele, die von extern zu uns gekommen sind. Das ist eine gute Mischung. Es ist bereichernd, dass wir nicht nur im eigenen Fahrwasser sind, sondern Impulse von außen bekommen.
Was macht die Unternehmenskultur bei der Sparkasse Vest aus?
Christiane Timmer: Der offene Umgang miteinander macht viel aus. Unser Vorstand ist sehr aufgeschlossen gegenüber anderen Meinungen oder neuen Ideen. Da wird schon intensiv diskutiert – und manchmal kommt man dadurch zu anderen Ergebnissen. Das finde ich nicht selbstverständlich, und es zeichnet dieses Haus sicherlich aus.
Die junge Generation fordert oft weniger starre Strukturen und Prozesse ein. Wie tragen Sie dazu bei?
Eberhardt: Wir erproben aktuell eine agile Projektorganisation, bei der wir Kolleginnen und Kollegen bitten, sich selbst Aufgaben zu wählen und sich zu organisieren. Das war extrem bereichernd und erfolgreich, weil dabei Ideen herauskamen, auf die wir sonst nicht gekommen wären. Das ist wichtig, weil die junge Generation diese Beteiligung zunehmend einfordert.
Timmer: Es gibt Mitarbeitende, die möchten sehr gerne gestalten. Ihnen kann man mit einer solchen Projektorganisation die Gelegenheit dazu geben, auch wenn sie keine Führungskräfte sind, sondern vielleicht Spezialisten in ihren Themen. Und dann gibt es Kollegen, die einfach ihren Job gut machen möchten, aber weniger mitgestalten wollen. Auch das ist absolut in Ordnung.
Welche Eigenschaften brauchen Sie neben der fachlichen Kompetenz als Vorstandsmitglieder besonders?
Timmer: Einerseits sicherlich Kommunikationsfähigkeit. Wenn man unerwünschte Entscheidungen trifft, sollte man erklären, aus welchen Gründen man sich für diesen Weg entschieden hat – und dazu stehen. Also gleichzeitig auch eine gewisse Konsequenz, den gewählten Weg weiterzugehen. Das vermittelt Sicherheit und ist aus meiner Sicht sehr wichtig in unserer Zeit.
Was möchten Sie mit Blick auf die Firmenkunden repräsentieren?
Eberhardt: Im Firmenkundengeschäft ist die enge kontinuierliche Begleitung durch einen präsenten Ansprechpartner sehr wichtig. Das ist für die Unternehmen in der Region notwendig, um die anstehenden Transformationen mit einem professionellen Partner gemeinsam zu gestalten – denn in der Zukunft stehen große Herausforderungen an.
Timmer: Unternehmen brauchen einen verlässlichen Partner, der den Markt und die Produkte kennt, mit denen sich der Wandel finanzieren lässt.
Welche Akzente setzen Sie noch?
Eberhardt: Auf jeden Fall das Thema Nachhaltigkeit! Im Moment werden alle Firmenkundenbetreuer geschult und zertifiziert, um das Thema professionell abzudecken – von energetischer Sanierung bis zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Hier bieten wir unseren Kunden einen echten Mehrwert.
Wie beurteilen Sie die Gründerszene in unserer Region?
Eberhardt: Zur Selbständigkeit gehört ein hohes Maß an Mut. Ich bin überzeugt: Wir sind eine attraktive Region, es lohnt sich, hier eine Selbständigkeit zu begründen.
Timmer: Als NochMünsteranerin sage ich: Der Kreis Recklinghausen bietet viele Chancen, um neue Marktbereiche zu erobern. Deshalb fände ich es schön, wenn sich in Zukunft noch mehr Menschen trauen, den Schritt in die Selbständigkeit zu machen.
Was gehört noch zum regionalen Auftrag der Sparkasse?
Eberhardt: Es ist wichtig, in der Breite des sportlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens vertreten zu sein. Die Förderung der Region durch Spenden und Sponsoring macht ganz klar unsere DNA aus.
Timmer: Natürlich gehört dazu auch unser öffentlicher Auftrag: Wir eröffnen für jeden ein Konto, und das finde ich wichtig und richtig, weil man sein Leben ohne ein Girokonto heute kaum noch organisieren kann.
Was sagt es aus, dass jetzt gleich zwei Frauen in den Vorstand kommen?
Timmer: Als wir berufen wurden, haben insbesondere viele Mitarbeiterinnen sehr positiv darauf reagiert. Wir sind zwei Mütter, die beide mal Teilzeit gearbeitet haben und natürlich die Herausforderungen und das Dilemma kennen, wenn die Kinder wegen Krankheit nicht in die Kita gehen können, aber ein wichtiger beruflicher Termin ansteht.
Eberhardt: Bei der Sparkasse Vest werden Karrieren von Frauen, aber auch Familienfreundlichkeit generell gefördert. Hier hat der Digitalisierungsschub nach Corona ganz neue Möglichkeiten geschaffen, durch Homeoffice Beruf und Familie besser zu vereinen. Gut so!
Interview: Stefan Prott und Tatjana Hetfeld
Herzogswall 5
45657 Recklinghausen
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